Jun 30

Mitverschulden eines Fahrradfahrers an eigener Kopfverletzung bei Unfall ohne Helm

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat in seiner Entscheidung (Az 7 U 11/12) einer Fahrradfahrerin ein Mitverschulden im konkreten Fall von 20 % in der Haftungsquote zuerkannt, da sie bei dem von ihr nicht verschuldeten Verkehrsunfall keinen Fahrradhelm getragen hatte.
Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass Fahrradfahrer innerhalb des heutigen Straßenverkehrs einem besonderen Verletzungsrisiko ausgesetzt wären. Zwar würde keine Pflicht für Fahrradfahrer bestehen, einen Helm zu tragen, gerade aber dieses gesteigerte Risiko im Straßenverkehr, die erhöhte Sturzposition bei einer Kollision, die fehlende Möglichkeit zum Abstützen und auch die sich steigernden Geschwindigkeiten von Fahrradfahrern erhöhen das Risiko von Kopfverletzungen, wie jener im hier entschiedenen Fall. Es würde eine einhellige Meinung von Sicherheitsexperten geben, welche das Tragen eines Fahrradhelmes befürworten. Die Anschaffung eines derartigen Helmes sei auch finanziell nicht unverhältnismäßig hoch im Vergleich zu dem erlangten Schutz des Kopfes.

Die Entscheidung zeigt im Ergebnis sehr gut, dass bei jedem Verkehrsunfall eine Einzelfallbetrachtung stattzufinden hat.
Zunächst ist bemerkenswert, dass ein Gericht einem Unfallbeteiligten eine Pflicht zum Selbstschutz über das Gesetz hinaus auferlegt. Dies mag verwundern, ist aber nicht rechtsfremd. Die Rechtsprechung kennt von je her die so genannte Schadensminderungspflicht eines Geschädigten. Dieses Grundprinzip hier angewendet bedeutet konsequenterweise, dass ein Mitverschulden prinzipiell anzunehmen ist.
Auch hat das Gericht sodann in seinen Gründen das konkrete Mitverschulden ermittelt und ist in diesem Fall zu einer Haftungsquote von 20 % gekommen. Dabei wurde vor allem auch das Verhalten des Pkw-Fahrers berücksichtigt. Im konkreten Fall hatte dieser die Fahrzeugtüre am Straßenrand stehend einfach geöffnet.

Wichtig bei dieser Entscheidung ist aus Sicht des Autors zu erkennen, dass es keine starren Haftungsquoten für Fahrradfahrer ohne Helm geben kann. Jedoch ist in naher Zukunft davon auszugehen, dass immer mehr Gerichte von einer überhaupt vorliegenden Haftungsquote ausgehen, wenn sich ein Fahrradfahrer nicht gegen eigene Kopfverletzungen bei einem Verkehrsunfall geschützt hat.

Anzumerken sei hierbei jedoch auch, dass man als Fahrradfahrer auch Schienbeinschoner, Knieschoner, Ellenbogenschoner, Rückenprotektoren etc. kaufen kann…
Wie die Gerichte bei entsprechenden Verletzungsbildern diese jeweiligen Fragen beurteilen werden bleibt abzuwarten. Wenn auch diesbezügliche Haftungsquoten ausgesprochen werden würden, müsste ein Fahrradfahrer wie Profi-Downhill-Mountainbiker am Straßenverkehr teilnehmen. Dies kann wohl auch nicht Sinn und Zweck sein.

Rechtsanwalt Robert Hankowetz
Fachanwalt für Strafrecht
Regensburg

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