Jul 01

Mantrailing-Einsatz von Spürhunden als Beweismittel?

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte sich innerhalb des Verfahrens 13 KLs 372 Js 9454/12 unter Anderem mit der Frage des Tatnachweises durch den Einsatz von Spürhunden (sog. Mantrailer-Einsätze) zu beschäftigen.

Hintergrund waren laut Anklageschrift Tatnachweise gegen Mitglieder einer Einbrecherbande in Supermärkte im Bundesgebiet, welche auch durch Spürhunde positiv erfolgt seien.

Hierbei hatten die ermittelnden Polizeibeamten je Spur einem Spürhund eine Geruchsprobe eines der Angeklagten gegeben. Sodann ist man den jeweiligen Hunden gefolgt. Die Wege wurden aufgezeichnet und somit sollte ein Tatnachweis hinsichtlich der Anwesenheit des jeweiligen Angeklagten an dem entsprechenden Tatort geführt werden.

Letztendlich stellte sich in der Hauptverhandlung vor der Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth zunächst heraus, dass es auf dem Gebiet des Mantrailings eigentlich keine vereidigten Sachverständigen gibt, und diese „Wissenschaft“ noch in den „Kinderschuhen“ stecke.

Sodann erfolgten innerhalb der Beweisaufnahme zwischen den anwesenden sachverständigen Zeugen über die jeweiligen Bewegungen des Hundes bei Spurenanschlag unterschiedliche Angaben, wann ein Hund eine Spur aktiv verfolgt hat, und wann er lediglich durch den Diensthundeführer geführt worden ist. Für eines der Mantrailings lag der Strafkammer nämlich ein Schulungsvideo vor, welches bei einem der hier angeklagten Taten zu internen Schulungszwecken durch die Polizeibehörden aufgenommen worden war.

Letztendlich musste die Kammer zunächst feststellen, dass innerhalb des Freistaates Bayern entsprechende PSH-Prüfungsstufen bestehen. Sodann wurde festgestellt, dass ein Hund die entsprechende Prüfungsstufe gar nicht besessen hat. Die Argumentation des Polizeihundeführers, dass der Hund die Fähigkeit für die entsprechende Prüfungsstufe besessen habe, ließ die Strafkammer nicht gelten. Sie führte insofern aus Sicht der Verteidigung zutreffend aus: „Dass ein Hund im Einzelfall über weitergehende Fähigkeiten höherer Prüfungsstufen verfügen mag, ändert hieran nichts: dann muss er eben die entsprechende Prüfung absolvieren, um diese Fähigkeit objektiv nachzuweisen.“ Die Kriterien liegen nun einmal vor. Insofern sind sie einzuhalten. Ansonsten würden sie schlicht und ergreifend keinen Sinn ergeben. Das Gericht könne sich nicht von diesen objektivierbaren Vorgaben lösen.

Zudem wurde aufgrund des in der Hauptverhandlung vorgespielten Schulungsvideos ersichtlich, dass die Spurenträger den Hunden von einem Beamten vorgehalten worden waren. Bei den Spurenträgern handelte es sich um Kleidung des jeweiligen Angeklagten. Da allerdings sämtliche vernommenen sachverständigen Zeugen und Hundeführer angegeben hatten, dass eine bloße Berührung eines Kleidungsstückes für die sensible Nase eines Hundes zu einer Verwechslung führen kann, musste das Gericht im jeweils vorliegend zu beurteilenden Einzelfall konstatieren, dass die Angeklagten gemeinsam in einem Auto gefahren waren, und somit eine Geruchsspurenübertragung jederzeit auch nach Angaben der Hundeführer hätte stattfinden können. Insofern konstatiert die Strafkammer hierzu zutreffend: „Es wäre daher zumindest erforderlich gewesen, dass als Spurenträger nur Abstriche unmittelbar vom Körper der betreffenden Person verwendet werden. Die Gewinnung / Herkunft solcher Spurenträger hätte zudem in einem Protokoll dokumentiert werden müssen.“

Zuletzt resümiert die Strafkammer in einer prozessual äußerst klaren Art und Weise: „Darüber hinaus handelt es sich beim Ergebnis der Spurensuche in allen Fällen jeweils um eine Interpretation des Verhalten eines Hundes durch einen Menschen. Um diese Interpretation objektivierbar zu machen und somit ein möglicherweise taugliches Beweismittel zur Verfügung zu haben, wäre es aus Sicht der Kammer unabdingbar gewesen, dass jeweils zwei Suchhunde unabhängig voneinander, d.h. insbesondere auch ohne Beteiligung des jeweils anderen Hundeführers, dieselbe Spur suchen.“

Auch gibt die Strafkammer aus ihrer Sicht sogar Anforderungen an einen derartigen Mantrailereinsatz innerhalb des Freistaats Bayern vor:

1. Nur Einsatz von Hunden, die die jeweilige PSH-Prüfungsstufe der Bayerischen Polizei absolviert haben.

2. Die verwendete Geruchsspur muss eindeutig nachvollziehbar einer konkreten Person zuzuordnen sein.

3. Jeweils zwei Suchhunde müssen unabhängig voneinander und ohne Beteiligung des jeweils anderen Hundeführers dieselbe Spur suchen.

4. Jeder Einsatz ist vollständig zu filmen, um eine nachträgliche Nachvollziehung durch das Gericht und einen Sachverständigen zu ermöglichen.

 

Diese Entscheidung stellt aus Sicht der Verteidigung einen Meilenstein zurück zu den Grundlagen der Strafprozessordnung dar.

Das Gericht hat sich streng an die Beweisvorgaben der Prozessordnung gehalten und hat sich nicht durch Bekundungen von Hundeführern den Blick auf die objektiven Kriterien, welche an strafprozessuale Beweismittel zu stellen sind, verschließen lassen.

 

Robert Hankowetz, Regensburg

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht

 

 

«

»